futureTEX-GESICHTER: Bis zu 30 Prozent höhere Energiedichte für disruptives Zelldesign auf Textilbasis
Drahtweberei HAVER & BOECKER OHG, Oelde arbeitet an Reichweitenerhöhung von Elektrofahrzeugen
Die Drahtweberei HAVER & BOECKER OHG, Oelde prägt seit 1887 die Technologie des Drahtwebens. Das Unternehmen entwickelt und fertigt auf eigens hergestellten Webmaschinen Drahtgewebe aus Drähten unterschiedlichster Metalle und Legierungen mit Drahtdurchmessern zwischen 0,013 mm und 22 mm.
Diese Drahtgewebe werden in vielen Branchen (u. a. Automotive, Luft- und Raumfahrt, Pharmazie, Chemie usw.) und Anwendungen (z. B. Siebdruck, Filtration, Absiebung, Akustik u. v. m.) eingesetzt und zu Halbfertig- und Fertigprodukten konfektioniert. Seit über 30 Jahren beliefert Haver & Boecker Firmen, die sich mit der Herstellung von Batterien und Akkumulatoren (Li-Ionen, NiMH, Zn-Luft usw.) beschäftigen.
Seit 2019 waren Dipl.-Ing. (FH) Frank Meyer, Leiter Forschung und Entwicklung, und die Spezialisten aus Oelde daran beteiligt, gemeinsam mit den Verbundpartnern einen visionären Lösungsansatz für textilbasierte Anoden im futureTEX-Umsetzungsvorhaben TexBATT zu erarbeiten.
Drei Fragen an Dipl.-Ing. (FH) Frank Meyer, Leiter Forschung und Entwicklung bei der HAVER & BOECKER OHG, Oelde
Welche Ziele verfolgten Sie mit Ihrer Arbeit im Projekt futureTEX?
Lithium-Ionen-Batterien werden derzeitig auf Basis von Graphitanoden hergestellt. Da diese Anoden die Energiedichte (Wh/l) der Zellen jedoch stark limitieren, wird intensiv an alternativen Anodenkonzepten geforscht. Hierunter fallen silizium-basierte Ansätze, sowie Anoden basierend auf metallischem Lithium. Derartige Ansätze versprechen hohe Energiedichten von bis zu 1.000 Wh/l (im Vergleich zu ca. 600–700 Wh/l im Stand der Technik). Herausfordernd sind jedoch strukturelle Veränderungen während des Zyklisierens der Zellen und somit eine mechanische Beanspruchung, die zum vorzeitigen Versagen der Zellen führen.
Das Ziel des Vorhabens TexBATT stellte die Integration und Fixierung von Batterieanodenaktivmaterial in dreidimensionalen Textilsubstraten dar. Dabei sollten geeignete Vliesstoffe, Vliesstoffverbunde und auch Drahtgewebe als Trägersubstrate bzw. Stromableiter für Aktivmaterialien zur Herstellung generisch verwendbarer Hochenergieanoden entwickelt und prototypisch eingesetzt werden. Eine signifikante Massen- und Volumenreduktion sollte zur Steigerung der Performance und Kosteneffizienz der Batteriezellen führen.
In welchem Vorhaben arbeiteten Sie aktiv mit? Was waren Ihre Aufgaben?
Im Rahmen von TexBATT waren wir speziell für die Entwicklung metallischer Stützsubstrate für die Fixierung von Anodenaktivmaterialien zuständig.
Wir sollten dabei unterschiedliche metallische Werkstoffe in Form von Drahtgeweben mit variierten Geometrien zur Verfügung stellen und Methoden entwickeln, um besonders großmaschige Gewebe realisieren zu können. Von allen Partnern wurden dann Materialcharakterisierungen an den jeweiligen Proben vorgenommen, die sowohl stoffliche Eigenschaften (Flächenmasse, Leitfähigkeit, Porosität) als auch mechanische Eigenschaften beleuchteten.
Uns ist es schlussendlich gelungen, Prozesse und Anlagen für die Herstellung von Drehergeweben mit besonders hoher Maschenweite im Verhältnis zum Drahtdurchmesser zu entwickeln. Im Vorhabenverlauf haben sich aber besonders Drahtgewebe mit vergleichsweise geringen Drahtdurchmessern (< 20 μm) und Maschenweiten in derselben Größenordnung als anwendungsrelevant herausgestellt. Derartige Drahtgewebe wurden anschließend zur weiteren Abscheidung von Lithium und Silizium von den anderen Vorhabenpartnern untersucht.
Welchen Mehrwert konnte Ihr Unternehmen aus der Arbeit in futureTEX ziehen?
Die Mehrwerte für uns als beteiligtes Unternehmen waren vielfältig: Wir hatten die Möglichkeit an einem visionären Thema mitzuarbeiten, das hinsichtlich der Elektromobilität großes Potenzial mit sich bringt. Zudem konnten wir durch die Zusammenarbeit mit Akteuren anderer Branchen einen guten Rundumblick über den Tellerrand hinaus bekommen und so wertvolle Impulse für unsere eigene Arbeit sammeln.
Weiterhin erhielten wir durch TexBATT einen guten Einblick in das weite Zukunftsfeld der Batteriezellen sowie eine mögliche Vorbereitung für eine Beteiligung an diesem Wachstumsmarkt. In unserem konkreten Fall konnten wir zudem Rückschlüsse auf die Verwendung von bekannten und neuen Maschinenkomponenten für selbst entwickelte Webmaschinen ziehen.