Nieten war gestern - COTESA erforscht im Rahmen von futureTEX Technologien zur form- und kraftschlüssigen Kopplung von thermo- und duroplastischen FVK-Laminaten
Als langjähriger Partner und Lieferant für die Luftfahrtindustrie ist COTESA eine feste Größe im Faserverbundbereich. Mit über 600 Mitarbeitern fertigt COTESA in Mittweida und Mochau Hochleistungskomponenten aus Faserverbundwerkstoffen im Prepreg-Autoklav-Verfahren für den Automobil- und Luftfahrt-Bereich. Mehr als 6.500 verschiedene Produkte und ein Fertigungsvolumen von monatlich über 12.000 Teilen sprechen für eine beachtliche Entwicklung in den letzten 16 Jahren. Heute nehmen die Mittweidaer eine technologische Vorreiterrolle auf dem Gebiet von hochwertigen Faserverbundbauteilen für die Luftfahrt sowie den Automobilbau ein.
Schwerpunkte der Fertigung sind komplexe CFK-Bauteile wie Spante, Profile und Steifen, mehrdimensionale GFK-Sandwichstrukturen, hybride Bauteile wie CFK-Antriebswellen sowie die Lackierung und Montage kompletter Baugruppen.
Im Engineering arbeiten bei COTESA 75 Mitarbeiter ständig an der Entwicklung von Exterieur-, Interieur- und Strukturbauteilen für Luftfahrt und Automotive. Im Projekt futureTEX im Rahmen des Programms "Zwanzig20 - Partnerschaft für Innovation" war COTESA bereits im abgeschlossenen Basisvorhaben Smart Factory involviert. Die Entwicklung von Prozessen und Strukturen für den Aufbau von Smart Factories in der Textilindustrie und die Ableitung von typischen Industrie 4.0 Anwendungen waren auch Impulsgeber für das aktuelle Vorhaben Matrixhybride.
Drei Fragen an Dr. Udo Berthold (CTO) und Dr. Jakob Schulz (Leiter Werkstofflabor), COTESA GmbH, Mittweida (Interview und Redaktion: P3N MARKETING GMBH)
In welchem Vorhaben arbeiten Sie mit?
Aktuell obliegt uns die Koordination des Umsetzungsvorhabens Matrixhybride, in dem Werkstoffe und Technologien zur form- und kraftschlüssigen Kopplung thermo- und duroplastischer FVK-Laminate entwickelt werden. Das Vorhaben ist im Oktober 2017 gestartet und wird bis September 2020 abgeschlossen sein.Zusammen mit unseren Partnern beschäftigen wir uns im Vorhaben Matrixhybride also mit der Kombination duro- und thermoplastischer Matrices in einem Verbundwerkstoff. Diese duroplastischen FVK-Bauteile sollen z. B. über ein Schweißverfahren gefügt werden. Die neue Werkstoff- und Technologieentwicklung schließt eine bisher vorhandene gravierende Verfahrenslücke bei Fügeprozessen im Composite-Bereich. Die Kopplung beider Matrixsysteme soll dabei über die Kombination von Form- und Stoffschluss hergestellt werden.
Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrer Arbeit im Projekt futureTEX?
In unserem Vorhaben arbeiten wir an der disruptiven Produktinnovation über die technologische Umsetzung bis zur entsprechenden Anlagentechnik an folgenden Meilensteinen:
- Schweißtechnische Verbindung von duroplastischen FVK-Bauteilen
- Entwicklung von Prozess- und Anlagentechnik zur kontinuierlichen und diskontinuierlichen Herstellung von einseitig-thermoplast-imprägnierten textilen Halbzeugen (Gewebe- und Vlies-Prepregs)
- Simulation der stoffschlüssigen Verbindung zwischen Duro- und Thermoplast
- Materialspezifikationen für verschiedene Branchen (Luftfahrt, Automotive, Schiffbau)
- Fertigung von Funktionsmustern
Der Mehrwert unseres Vorhabens wird schnell deutlich, wenn die entwickelten Werkstoffe und Technologien z. B. die Niet- und Klebeverbindungen ersetzen könnten. Das entwickelte Verfahren ermöglicht die Kombination der Vorteile von duroplastischen und thermoplastischen Faserverbundwerkstoffen. Aber wir denken da schon weiter: Die Einführung der bewährten Schweißtechnik in die Welt der duroplastischen Faserkunststoffverbunde kann eine größere Produktvielfalt durch geringeren Montageaufwand generieren. Es wird eine Brücke zwischen differentialen und integralen Bauweisen geschlagen. Wenn sich die Faserverbundbauweise auch in Industriebranchen außerhalb der Luftfahrtindustrie sowie die Vliesherstellung aus recyclierten Kohlenstofffasern etabliert, bietet dieses ein großes Potential der effizienteren Nutzung knapper werdender Ressourcen. Aber auch die entwickelte Anlagentechnik kann für weitere Forschungsgebiete anwendbar sein, z. B. weitere Materialpaarungen duro- und thermoplastischer Matrices.
Welche Erwartungen und Wünsche haben Sie an die Zusammenarbeit im Konsortium?
Die branchenübergreifende Zusammenarbeit sowie die Koordination der Projektpartner aus dem Maschinen- und Anlagenbau und Forschungsinstituten durch uns als Luftfahrtzulieferer ist in Matrixhybride eine spannende Aufgabe in den nächsten zwei Jahren.
Das Tätigkeitsfeld der COTESA GmbH besteht in der Umwandlung textiler Vorprodukte in anwendungsspezifische Bauteile. Die Arbeit in futureTEX bringt uns näher mit den Akteuren der Textilbranche zusammen. Dadurch können wir besser die Möglichkeiten der textilen Technologien verstehen und nutzbar machen. Gleichzeitig wächst das Verständnis unserer Partner für die Bedürfnisse, die aus unseren Anwendungen resultieren.
Die Erfahrung lehrt, dass Innovationen häufig an den Schnittstellen der Disziplinen entstehen.
Daneben bietet das im Rahmen von futureTEX eingeschlossene Thema Industrie 4.0 reichhaltige Potenziale für neuartige Produktionsweisen. Im branchenübergreifenden Austausch möchte COTESA von den Erfahrungen der anderen Partner lernen.